Wie ein Seiler im Europa-Park für Sicherheit sorgt
Heutzutage werden Seile, Netze und Taue in Deutschland überwiegend mithilfe von Maschinen hergestellt. Mühevolle Handarbeit ist meist nicht mehr erforderlich. Raffael Svercseks handwerkliche Tätigkeit als Seiler im Europa-Park Erlebnis-Resort zählt daher zu einer Besonderheit.
Täglich läuft Svercsek durch die verschiedenen Themenbereiche des Europa-Park, um seine Arbeit zu kontrollieren. Sind doch seine handgeknüpften Seile, Netze und Taue an zahlreichen Spielplätzen, Geländern sowie als Absturzsicherungen angebracht – und diese müssen regelmäßig geprüft werden. “Meine Arbeit konzentriert sich nicht auf einen bestimmten Themenbereich. In Island oder Griechenland findet man beispielsweise sehr viele handgeknüpfte Netze, aber ich bekomme vor allem auch für Rulantica zahlreiche Aufträge”, erzählt Raffael Svercsek.
Übernimmt Svercsek ein neues Projekt, plant er dieses bis ins Detail. Dafür misst er den benötigten Bereich aus und überlegt individuell, aus welchem Material und mit welcher Knüpftechnik er das Netz konstruieren möchte. Werden die Netze stark belastet, wie etwa auf einem Spielplatz, nutzt er hochwertiges Polyester. Handelt es sich um ein Verschleißteil, das schnell verschmutzt und ausgetauscht werden muss, verwendet er Seile aus kostengünstigerem Polypropylen.
“Je gröber ich ein Netz knote, desto schneller kann ich es produzieren. Aber umso kürzer ist auch die Haltbarkeit. Das muss ich individuell abwägen.”
Wie lange der Seiler an einem Netz knüpft, hängt von der Maschengröße ab. Durchschnittlich braucht er für einen Meter etwa eine Stunde. “Für den Themenbereich Griechenland durfte ich einmal ein 50 Meter langes Netz knüpfen. Daran habe ich rund zwei Wochen gearbeitet”, erzählt Svercsek. Ein Projekt, das ihm besonders in Erinnerung geblieben ist, finden wir in der Wasserwelt Rulantica. “Ich erhielt den Auftrag, einen Zaun um das gesamte Snorri’s Saga herzustellen. Das war für eine Person ein wahnsinnig anspruchsvolles Projekt. Täglich habe ich ungefähr drei Stunden an dem Zaun gearbeitet – dadurch war ich monatelang beschäftigt.” Eine Herausforderung, die der Seiler mit großer Leidenschaft annimmt.
Für die Produktion der Netze und Seile in Rulantica gibt es im Vergleich zum Europa-Park noch mehr Details zu beachten. Denn einige Seilmaterialien – wie das hochwertige Polyester –reagieren empfindlich auf Chlor. Da die Seile und Netze mit hoher Wahrscheinlichkeit mit dem chlorhaltigen Wasser in Berührung kommen, muss der Seiler auf eine kostengünstigere Variante zurückgreifen. Dadurch ist der Verschleiß der Seile in Rulantica höher als im Europa-Park. Umso wichtiger ist es für Svercsek, seine Arbeit regelmäßig zu kontrollieren und gegebenenfalls auszutauschen.
„An meiner Arbeit liebe ich vor allem die künstlerische Freiheit. Mir und meinen Fähigkeiten wird stark vertraut und ich darf nach bestem Gewissen meinen Job erledigen. Das ist das größte Glück.“
Der Beruf des Seilers als handwerkliche Tätigkeit wird heute nur noch sehr selten ausgeübt – das weiß auch Raffael Svercsek. Gerade deshalb schätzt er seine Arbeit umso mehr. “Mir macht besonders viel Spaß, dass ich von der groben Idee über die Gestaltung bis hin zur Montage den gesamten Prozess durchlaufe und freie Hand habe”, betont Svercsek. Neben den technischen und sicherheitsrelevanten Vorgaben ist es ihm aber auch sehr wichtig, die Seile und Netze möglichst ansprechend zu gestalten. “Bei meiner Arbeit lege ich großen Wert auf Detailarbeit. Ästhetik und Perfektion liegen mir sehr am Herzen.”
Das Interview führte Nicole Bubnov. Weitere spannende Geschichten rund um den Europa-Park gibt es in der aktuellen Ausgabe der Europa-Park news.