♥ Backstein-Liebe ♥
Auf den ersten Blick mögen die Fassaden-Arbeiten von José und seinen Kollegen von Universal Rocks an die Geschichte des Korinther Königs Sisyphos erinnern. Wurde die griechischen Sagengestalt nämlich einst damit bestraft, einen Fels auf einen Berg zu wuchten, der oben angekommen immer wieder herunter rollte, bestand die Aufgabe des 34-jährigen Portugiesen darin, die Außenwand des Museumshotels “Krønasår” mit Backsteinen und zahlreichen Ornamenten zu schmücken. Gott sei Dank hinkt der Vergleich dann aber doch an mehreren entscheidenden Stellen: Einerseits ist José´s Arbeit gewiss nicht als Strafe zu bewerten und andererseits modellierte er und sein Team in einer Rekordzeit von vier Monaten die Steine an die Fassade – Sisyphos hingegen dürfte noch heute Felsen wälzen. Dabei immer in José´s Blick: Die Liebe zur Perfektion – bei über 352.300 Ziegeln keine Selbstverständlichkeit. Ein Baustellenbesuch.
Backstein ist nicht gleich Backstein
“Wenn Du genau hinschaust, erkennst Du, dass die Backsteine nicht gleich sind”, sagt José Alberto Antunes Lopes zu mir und pendelt mit dem Zeigefinger zwischen den Fassaden von Haus D und Haus E hin und her. Meine Augen folgen dem Fingerzeig, können aber auch bei wiederholtem Hinsehen keinen Unterschied feststellen. “Die Pläne der Designer sagen uns das”, fügt der gebürtige Portugiese hinzu. Alles für die Illusion! Bei einem Bauvorhaben des Europa-Park ist das nicht ungewöhnlich, denke ich und frage nach, wo bitte genau der Unterschied liegt. Wir marschieren schnurstracks auf die Ecke am Gemäuer zu, wo sich die Außenfassaden der beiden Häuser treffen. José zückt den Zollstock und hält ihn an einen Stein:
“Die Backstein-Maße von Haus D sind 23,5 mal fünf Zentimeter”, zeigt er, dreht dann seinen Oberkörper vom Museumsgebäude nach links zum Speichergebäude, um am nächsten Stein von Haus E zu vervollständigen: “Hier mussten wir die Ziegeln größer anfertigen. Pro felsigem Rechteck sind es hier nämlich 25 mal sieben Zentimeter.”
Was soll der Größenunterschied bei den Rechtecken bewirken, möchte ich wissen. Josés Mundwinkel wandern nach oben und er erklärt: “Die größeren Steine sollen einen raueren, gröberen und älteren Eindruck beim Gast erzeugen”, dann dreht er den Kopf in Richtung Fassade E und klopft stolz dagegen. “Diese Eigenschaften sind typisch für die Optik eines Speichergebäudes. Das Museumsgebäude hingegen kommt schicker, edler und feiner daher.” Das Telefonat im Nachgang mit dem Designer Oliver Marraffa bringt weitere Aufklärung:
“Das Haupthaus, also das Museumsgebäude, ist mit seinen schlanken Ziegeln in einem in Norddeutschland gern verwendeten historischen Format konzipiert, das gut zum Stil der `Nordischen Rennaicssance´ des Museumsgebäudes passt. Der Speicher-Komplex beziehungsweise Haus E hat eine andere Optik und ist somit einem zeitloseren, architektonischen Stil zuzuordnen.”
Spezial-Zement und Acryl-Farbe
Im September des letzten Jahres hat José Lopes und das 15-köpfige Team von Universal Rocks begonnen, den ersten von über 352.300 Backsteinen an die Fassade zu modellieren.
“Nach vier Monaten hatten wir das Speichergebäude mit seinen rund 171.200 Ziegeln sowie das Haupthaus mit etwa 181.100 Backsteinen fertig”, berichtet der aus der nordportugiesischen Stadt Guimarães stammende José.
Für die authentische Optik ist eine spezielle Zementmischung notwendig, die alle Auflagen in Sachen Isolation erfüllt. Mit einem Stempel werden die Ziegeln schließlich geformt und per Hand an der Fassade modelliert. Danach erfolgt das Kolorieren der Steine mit einer Pinselrolle und spezieller Acryl-Farbe, die wasserfest ist. Der Schlussakt: Das Impregnieren. “Für die Fenstersimse haben wir zusätzlich Styropor verbaut, um die Tiefe eines typischen Sims zu erreichen”, weiß José. Auch Fassaden-Verzierungen, Ornamente an und rund um die Fenster sind von ihm und den Universal Rocks Kollegen mit feinster Hingabe angebracht worden.
Universal Rocks ist langjähriger Dienstleister
José erklärt seine Arbeitsschritte und die Besonderheiten dabei mit einer angenehmen Souveränität und Ruhe. Kein Wunder! Seit über zwölf Jahren ist er im Business tätig und hat schon viele Projekte für Freizeitparks auf der ganzen Welt realisiert. Besonders oft war er schon im und für den Europa-Park tätig.
“Die Peripherie bei `blue fire´, Skulpturen bei `Arthur´ oder auch die Deko-Arbeiten bei `Jim Knopf´ haben meine Jungs von Universal Rocks und ich hier unter anderem realisiert”, erzählt der Portugiese stolz.
Ebenso war er auch bei dem Highlight der vergangenen Saison in Deutschlands größtem Freizeitpark beteiligt: dem “Eurosat – CanCan Coaster“. Auch aktuell sind wieder fünf Kollegen von José im Europa-Park im Einsatz, um zu Modellieren und authentische Dekorationselemente an verschiedenen Orten auf dem Gelände anzubringen. Getreu dem Motto: “Es gibt immer etwas zu tun”, sagt er und zwinkert mir zu! Mittlerweile sind wir auf unserem Baustellenrundgang auf der Rückseite des Museumshotels angekommen und stehen im künftigen Fjord. Es ist schattig und die Wasserwelt ist nur ein Steinwurf entfernt.
Rulantica ruft!
Parallel zu den Fassadenarbeiten beim Museumshotel “Krønasår” und den Arbeiten im Europa-Park sind wiederum weitere Kollegen von José Lopes bereits schon jetzt im Wasser-Erlebnis-Resort “Rulantica” fleißig. “Vier Kollegen modellieren schon jetzt erste Elemente für die künftige Thematisierung”, sagt er. Sobald die Aufträge am Hotel abgearbeitet sind, rücken immer Kollegen von Universal Rocks nach und unterstützen bei der Wasserwelt.
“Ende Februar schwingen – so der Zeitplan – 40 Kollegen bei `Rulantica´ die Kelle”, blickt José voraus, grinst und öffnet weit die Augen.
Zu keinem Moment wirkt der Portugiese bei seinen Ausführungen müde. Vielmehr packt ihn bei der Vorstellung, am größten Projekt der Unternehmensgeschichte mitzuwirken, eine große Zufriedenheit und ein noch größerer Tatendrang! “Durch den permanenten Kontakt mit Wasser müssen wir bei unseren Werken verschiedene Materialien einsetzen, die unter anderem resistent gegen Chlor sind – das ist auch ein anspruchsvoller Auftrag”, weiß Lopes. Bei einer Fläche von mehr als vier Fußballfeldern, die im Indoor-Bereich für die Wasserwelt thematisiert werden müssen, kommt mir wieder unweigerlich dieser Sisyphos-Vergleich in den Sinn.